auch in unseren Betrieben im ambulanten Bereich. Durch eine bessere Bezahlung wird man in der Pfl ege vielleicht den ein oder anderen dazugewinnen, der diesen Beruf ergreifen möchte. Gleichzeitig ver- stärken wir damit aber ein Personalprob- lem, das die ganze Wirtschaft betrifft . Wer den Mangel in der Pfl ege ausgleichen will, indem man Personal aus anderen Zweigen abwirbt, schafft wiederum Engpässe in an- deren Bereichen. dass das Konzept auf Regionalität setzt und an den Anfang der Pfl ege erstmal den Ge- danken stellt: Wie hilft man den Betroff e- nen am besten, so lange wie möglich auto- nom zu sein und sich selbst zu helfen? Die Niederländer setzen da eher auf Eigenver- antwortung, statt noch mehr Aufgaben an den Staat zu binden. Dieser Gedanke muss meiner Meinung nach am Anfang stehen bei der Betrachtung. Und erst dann folgen die nächsten Schritte. Wie beurteilen Sie die Pläne zu fl ächende- ckenden Tarifverträgen? Sollte Herr Spahn also lieber in die Nieder- lande fahren als in den Kosovo? Tarifverträge ok, wenn auch alle Partner am Tisch sitzen - inklusive freie Pfl ege- unternehmen. Wenn sie alle an der Aus- gestaltung der Tarifverträge beteiligt sind, kann ich mir das vorstellen. Aber es muss auch ein regionales Prinzip dahinter sein. Flächendeckend gleicher Lohn überall, den haben wir auch in anderen Bereichen nicht. Regionale Tarifverträge mit Betei- ligung derer, die Verantwortung tragen, ja. Aber einen Einheitslohn kann ich mir nicht vorstellen. Was sagen Sie zur Idee der Verstaatlichung, die beispielsweise von Hilde Mattheis (SPD) recht deutlich formuliert wird? Wer ernsthaft nach Verstaatlichung ruft in dem Bereich, der hat aus der Geschichte nichts gelernt. Unsere Vergangenheit der sozialen Marktwirtschaft auf der einen Sei- te und dem Sozialismus auf der anderen hat ja gezeigt, dass Verstaatlichung voll und ganz gescheitert ist. Und das jetzt nochmal aufs Neue anzugehen, ist der völlig falsche Weg. Die Behauptung, nur weil es der Staat macht, ist es qualitativ besser, ist einfach historisch und vom Wettbewerbsgedan- ken komplett widerlegt. Nur wo Wettbe- werb herrscht, kann auch Qualität entste- hen. Staatliche Maßnahmen schaff en keine Qualität. Dabei geht man nämlich im An- satz davon aus, dass den Menschen nichts zuzutrauen ist und der Staat soll’s richten. Wo machen es andere Länder im Bereich Pfl ege besser als Deutschland? Ich denke ein Beispiel, wie man Altenpfl ege denken kann und soll, ist, wie es in den Nie- derlanden vor 10 Jahren entstanden ist mit dem Buurtzorg Modell (Buurtzorg=Nach- barschaft shilfe): Hier macht man den Beruf dadurch attraktiv, dass man den Pfl egekräf- ten mehr Verantwortung und auch mehr Handlungsfreiheit gibt. Hinzu kommt, Jens Spahn hat den Blick mit Sicherheit auch auf das niederländische Modell ge- schärft . Das eine ist, wie wir Personal rek- rutieren und das andere ist, in welcher Art und Weise Pfl ege denn in Zukunft organi- siert werden soll. Dieser Blick und die Of- fenheit ist mit Sicherheit da - zumindest beim Gesundheitsminister. Das Buurtzorg Modell ist ein Konzept für die Altenpfl ege, das mit hoher Zufriedenheit der Betroff e- nen und Pfl egenden einhergeht. Auf der Seite der Pfl egekräft e bildet man Teams mit fl achen Hierarchien und hohen Ver- antwortungen und mit nicht so bürokra- tischen Regeln, was die Pfl egezeiten und Dokumentationen anbelangt. Also das Gegenteil von dem Modell, bei dem man noch mehr kontrolliert bis ins letzte Detail hinein. Was in der Pfl egeoff ensive nicht berück- sichtigt wurde, ist das frühe Ausscheiden aus dem Pfl egeberuf aufgrund von Erkran- kungen des Muskel-Skelett-Apparates. Wie kann man hier bessere Prävention errei- chen? Bei der körperlichen Arbeit, die Schwerst- pfl egefälle erfordern, muss eine maschinelle Unterstützung mehr zum Tragen kommen. Diese ist gerade bei schweren Pfl egefällen gewaltig und es bleibt nicht aus, dass kör- perliche Schäden entstehen. Hier muss der Erfi ndungsreichtum in der Medizintech- nik noch weiterentwickelt werden. Eine gezieltere Förderung ist dringend notwen- dig. Ich will auf keinen Fall Ängste schü- ren, dass nur noch Roboter pfl egen, ganz im Gegenteil. Aber die Menschen, die pfl e- gen, brauchen mehr Unterstützung für ihre körperliche Arbeit. Deutschland ist ja eine Maschinenbaunation. Wir sind Weltklasse in Fahrzeugtechnik und Produktionstech- niken und vielem mehr. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir unser Augenmerk mehr in solche Bereiche wie die Pfl ege lenken. Zurück zu den Inhalten der Pfl egeoff ensive: Wer soll die ehrgeizigen Pläne in Ihren Au- gen am Ende bezahlen, wenn nicht der Pa- tient, seine Angehörigen und alle, die am En- de in die Pfl egeversicherung einzahlen? Und der Steuerzahler. Alle. Das ist ja am Ende immer so, dass politische Entschei- dungen, die Geld kosten, in irgendeiner Form umgelegt werden. Entweder wird es auf den einzelnen zukommen oder auf die Gesellschaft , auf den Steuerzahler und den Beitragszahler. Ich vermute mal, dass es auf alle umverteilt wird mit erheblichen Folgen für die nächsten Generationen. Deshalb sollte man dieses Th ema Pfl ege und Pfl ege- versicherung auch vom Grundsatz her an- ders denken. Auch Pfl egeexperte Frank Weidner, Direktor des Deutschen Instituts für angewandte Pfl e- geforschung (dip) forderte im Spiegel "eine wirklich neu gedachte" Pfl ege. Ihm fehlt „eine Vision für eine neue Rolle der Pfl ege im Gesundheitswesen mit mehr Verantwortung und dadurch mehr Chancen." Wie können wir das erreichen? Auf den Menschen setzen, auf Verantwor- tung setzen und nicht nur auf eine reine Umverteilung. Dem sollte mehr Aufmerk- samkeit geschenkt werden als sich auf die Frage zu fokussieren „Wie versorgen wir besser?“ Wir müssen an diejenigen den- ken, die das Ganze bezahlen sollen. Diese Kosten werden nämlich ganz stark auf die junge Generation abgewälzt. Was ist, wenn die jungen Generationen, neben dem Um- welt- und Klimaproblem auch die Zukunft des Sozialstaats thematisieren. Was pas- siert, wenn sie sagen: „Ihr habt uns nicht nur die Lasten einer wenig rücksichtsvol- len Umwelt- und Klimapolitik aufgebürdet, sondern habt mit Euren exzessiven Wohl- tatsversprechungen auch den Sozialstaat zu unseren Lasten überdehnt.“ Wenn wir so weitermachen, hängt der Generationen- vertrag am seidenen Faden. Deshalb ist es wichtig, dass die junge Generation nicht überfordert wird. Ohne Generationenver- trag können wir tausende Modelle machen. Dann wird keines davon funktionieren. • Quelle: rp-online.de/advertorial/ nawrocki-pr/der-generationenvertrag- haengt-am-seidenen-faden_aid-45038763 PVS einblick 51