. . m o c e b o d a k c o t s - t e r o c e d s © : o t o F Immer wieder im Fokus: Die wahlärztliche Leistung und die Stellvertretung Kaum ein anderes Thema be- herrscht im Zusammenhang mit der Frage der Wirksamkeit von Wahlleistungsverträgen so sehr die Diskussion, wie die Stellvertre- tung. Insbesondere die Stellvertre- tung wegen vorhersehbarer Verhinde- rung des Wahlarztes wird seitens der Kostenträger einer näheren Prüfung unterzogen und teilweise zu Recht, überwiegend aber mit fragwürdigen Argumenten in Zweifel gezogen. Unstreitig verdient der Patient, der sich im Krankheitsfall in einer beson- deren, oftmals kritischen Situation befi ndet und darauf vertrauen muss, dass sein Wunsch auf Behandlung durch den Arzt seiner Wahl respektiert wird, einen besonderen Schutz. So darf die Person des Behandlers nicht über den Kopf des Patienten hinweg ausgetauscht werden. Die Entbindung des Wahlarztes von der persönlichen Behandlungspfl icht bedarf stets der Zustimmung des Patienten. Während diese Zustimmung im Falle der unvor- hersehbaren Verhinderung des Wahl- arztes bereits mit der Wahlleistungs- vereinbarung, also vorsorglich bevor eine Verhinderung tatsächlich eintritt, eingeholt wird, ist bei einer vorherseh- baren Verhinderung eine zusätzliche schriftliche Vertretervereinbarung erforderlich. Sind die Voraussetzungen, die das Ge- setz und die Rechtsprechung für die Wirksamkeit der zusätzlichen Vertre- tervereinbarungen aufgestellt haben, nicht erfüllt, darf der Kostenträger unter Hinweis auf die Unwirksamkeit der Verträge die Erstattung mit Erfolg verweigern. Weniger erfolgreich ist der Kostenträger, wenn er Wirksam- keitsvoraussetzungen nennt, die der Konstantin Theodoridis Fachanwalt für Medizin- und Sozialrecht, Leiter der Rechtsabteilung Tel. 0208 4847-124 | ktheodoridis@ihre-pvs.de 20 PVS Einblick Gesetzgeber gar nicht verlangt (vgl. PVS Einblick, Heft 2/2018: „Chefarzt- behandlung“ und „Chefarztstandard“). In einem vor dem Düsseldorfer Amts- gericht ausgetragenen Streit begehr- te ein Anästhesist die Zahlung seines Arzthonorars, die ihm mit dem Argu- ment verweigert wurde, die Vertre- tervereinbarung sei nicht wirksam zustande gekommen. Stein des An- stoßes war die Tatsache, dass die Vertretervereinbarung zwar von bei- den Seiten unterschrieben wurde, die- se jedoch nicht mit einem Datum des Vertragsschlusses versehen war. Da- rüber hinaus wurde moniert, dass die Verhinderung nicht begründet wurde. Beide Argumente verwarf das Amts- gericht zu Recht in seinem Urteil vom 15.11.2017 (AG Düsseldorf, Az: 45 C 270/17). Hinsichtlich des fehlenden Datums wies das Gericht darauf hin, dass dieser Aspekt keine Wirksam- keitsvoraussetzung darstelle. Die An- gabe des Datums diene lediglich der Beweiserleichterung hinsichtlich des Zeitpunktes des Abschlusses der Ver- einbarung. Auch die fehlende Begründung in Be- zug auf die Verhinderung des Wahl- arztes führe nicht zur Unwirksamkeit der Vertretervereinbarung. Die Not- wendigkeit der Begründung ist weder gesetzlich normiert, noch höchstrich- terlich gefordert. In seiner grundle- genden Entscheidung vom 20.12.2007 (Az: III ZR 144/07) hat der Bundesge- richtshof die Mitteilung an den Patien- ten verlangt, dass der Wahlarzt verhin- dert sei. Keinesfalls kann daraus der Schluss gezogen werden, der Wahlarzt müsse seine Verhinderung begründen. Dies wäre auch nicht nachvollziehbar. Weshalb soll der Arzt dem Patienten eventuell private Angelegenheiten of- fenbaren? Und wie sollte vorgegan- gen werden, wenn der Patient zum Bei- spiel die Erkrankung des Wahlarztes oder einen Gerichtstermin anzweifelt? Müsste der Wahlarzt in solchen Fäl- len seine Verhinderung nicht nur be- gründen, sondern auch beweisen? Im Ergebnis hätte der Patient gar nichts gewonnen. Wäre der Wahlarzt gezwun- gen, seine eventuell privaten Verhin- derungsgründe offen zu legen, könnte er die Wahlleistungsvereinbarung kün- digen. In diesem Fall hätte der Patient nicht einmal die Leistungen des Vertre- ters in Anspruch nehmen können, son- dern die des gerade diensthabenden Arztes. Insofern hat das AG Düsseldorf zu Recht die Wirksamkeit der Vertre- tungsvereinbarung bejaht und die ent- sprechenden Einwände verworfen. Das Amtsgericht Iserlohn beschäftig- te sich mit der Frage, ob die Wahlleis- tungsvereinbarung zeitlich zwingend vor der Vertretervereinbarung unter- schrieben sein muss. In dieser Streit- sache, die von der PVS rhein-ruhr GmbH geführt wurde, unterschrieb der Patient zunächst die Vertreterver- einbarung und erst danach die Wahl- leistungsvereinbarung. Der zustän- dige Krankenversicherer monierte diese Vorgehensweise ohne nachvoll- ziehbaren Grund, obwohl dem Patien- ten von vornherein bekannt war, dass der Wahlarzt verhindert war. Auch die- ses konstruierte Problem, das vom pri- vaten Krankenversicherer allein aus Gründen der Kosteneinsparung disku- tiert wurde, hatte das Amtsgericht in seinem Urteil vom 23.01.2018 (Az: 44 C 103/17) verworfen. Wenn den Ver- tragsparteien von vornherein klar ist, welches Ziel sie mit den Vereinbarun- gen verfolgen und sie sich diesbezüg- lich einig sind, dann ist die Reihenfolge der zwei unbedingt schriftlich zu ver- einbarenden Verträge völlig irrelevant. Fazit: Einmal mehr zeigt sich, dass das legiti- me Ziel der Kosteneinsparung seitens der Krankenversicherer nicht immer mit Argumenten verfolgt wird, die mit der geltenden Rechtslage vereinbar sind. Sind die formellen Voraussetzun- gen von Vereinbarungen eingehalten worden, empfi ehlt sich im Falle einer Reklamation, die Verträge einer genau- eren Prüfung zu unterziehen. ∑