Hüftprothesen. Hier sind die Spitzen- reiter ausländische Unternehmen, die in ihrem Heimatland weiter sind als wir mit dem, was auf unserem Markt angeboten wird. Auch im Pharmabereich werden bei uns Medikamente nicht angeboten, weil Zulassungsverfahren bei den Gesetzli- chen oftmals sehr lange dauern. Bis sich der Markt für diese Produkte für ge- setzlich Versicherte öffnet, werden sie andernorts schon lange vertrieben. Hier müssen wir mehr Wettbewerb zulassen und in Kauf nehmen, dass es gewisse Unterschiede gibt. Das nützt am Ende allen. Es kann nicht sein, dass Innovatio- nen erst dann bei uns zugelassen wer- den, wenn sie für alle erschwinglich sind. Die Zwei-Klassen-Medizin-Diskussion macht hier vieles kaputt. Meine These ist, dass Innovation schneller in unserem System ankommen, wenn einem Teil der Bevölkerung ermöglicht wird an diesen frühzeitig teilzuhaben – über eine Kos- tenbeteiligung. Dann sinken für die an- deren früher oder später die Preise. Immer wieder wird darüber diskutiert, dass die Freiberufl ichkeit der Ärz- te in Gefahr ist. Ihr Verband setzt sich für niedergelassenen Ärzte und Frei- berufl er ein. Doch steht es wirklich so schlimm um sie? Im Gesundheitswesen hat sich in den vergangenen Jahren vieles verbessert, gerade in der Dialogbereitschaft der Politik. Von Kritikern der Freiberufl ich- keit wird immer wieder vorgehalten: der Beruf des Arztes als freier Beruf sei ein Selbstzweck. Ob sie gestärkt werden sollen oder nicht, das ist eine grundsätz- liche gesellschaftspolitische Frage: Gibt man wenig Verantwortung in die Hände von vielen oder gibt man viel Verantwor- tung in die Hände von wenigen? Ich bin ein Freund davon, begrenzte Verantwor- tung in die Hände von vielen zu geben. Freiberufl er sind weisungsunabhängig von nichtärztlichen Dritten in fachlichen und medizinischen Fragen. Je geringer ihr Anteil ist, umso mehr bestimmen einige wenige über Leistungen, Kosten und Qualität. Bei Krankenhäusern und medizinischen Versorgungszentren gibt es zudem die Trennung zwischen dem medizinischen Betrieb und der medizini- schen Verantwortung auf der einen und der Verwaltung, die abrechnungstech- nische Fragen thematisiert, auf der an- deren Seite. Was unsere Risiken im Ab- rechnungsgeschäftsverkehr angeht, ist es wesentlich risikoärmer, wenn wir mit vielen Freiberufl ern zusammenarbeiten als mit einem Konstrukt, das 20 medi- zinische Versorgungszentren betreibt. Hier werden oft intensive Forderungen gestellt, bei denen der Anspruch an die Dienstleistungsqualität auf der Strecke bleibt. Für uns ist der einzelne Arzt als Ansprechpartner daher sehr genehm. Lassen Sie uns noch einmal auf das The- ma Wertschätzung zurückkommen. Wir hören ja allzu oft, Ärzte würden lieber Privatpatienten als gesetzlich Versi- cherte behandeln wollen. Welche Auf- fassung vertreten Sie bei dieser Frage? Wenn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn oder andere Politiker die be- rechtigte Forderung aufstellt, dass Pa- tienten innerhalb vernünftiger Fristen Facharzttermine bekommen, ist dies oft mit einem Totschlagargument unter- malt: Wir Mediziner wollen nur Privat- patienten behandeln. Das ärgert mich persönlich sehr und ich weiß, dass es sehr viele Kollegen ebenfalls ärgert. 90 Prozent der niedergelassenen Ärzte, Freiberufl er und Krankenhäuser sind auf gesetzlich Versicherte angewiesen. Sie haben gar nicht den Umfang an Pri- vatpatienten, der ihnen ihr Dasein und Auskommen sichern könnte. Wenn es in bestimmten Gebieten und bestimmten Fachrichtungen Engpässe gibt, manche Ärzte sich auf Privatpatienten konzen- trieren, dann ist das ein geringer Pro- zentsatz. Ärgerlich ist, dass dann auf die Masse aller Ärzte, Therapeuten und me- dizinische Heil- und Hilfskräfte gezeigt wird, die rund um die Uhr hervorragende Leistungen für unser Gesundheitssys- tem erbringen. Es ist eine Geringschät- zung ihrer Arbeit, wenn man ihnen der- artige Motive unterstellt. Für uns Ärzte stehen eben nicht fi nanzielle Motive im Vordergrund – viel mehr die Patienten. Lassen Sie uns über eine andere Ent- wicklung reden, die der Finanzinvesto- ren im medizinischen Sektor. Sie drän- gen, anfangs in der Zahnmedizin und heute in fast allen Bereichen, immer mehr auf den Markt. Sie betreiben me- dizinische Versorgungszentren. Sind sie eine Gefahr für unser Gesundheitssys- tem und was muss die Politik tun, um ih- nen Herr zu werden? Medizinische Versorgungszentren, die von Investoren aus dem Boden gestampft werden, das ist leider ein mächtiger Trend. Er ändert unser Ge- sundheitssystem komplett. Seit einer Gesetzesänderung 2015 sind medizi- nische Versorgungszentren mit Ärz- ten aus nur einer Fachrichtung erlaubt - etwa, um zahnärztliche Behandlun- gen anzubieten. Das hat Finanzinves- toren Tür und Tor geöffnet: Sie kau- fen z. B. fi nanzschwache Kliniken und verwenden diese als Motor, um am- bulante Zentren zu gründen – auch in anderen Regionen. Der Fonds Nordic Capital, der die Kölner Praxis-Gruppe „Zahnstation“ kaufte, und die Frank- furter Quadriga Capital, Besitzer der „Zahnärztliche Tageskliniken Dr. Eichenseer“ wie die Kaffee-Dynastie Jacobs mit ihrer Investment-Holding und der Marke „Colosseum Dental Group“ mischen hier unter anderem am Markt mit. Aus unserer Sicht be- sonders ärgerlich ist, dass derartige Investoren, wenn Sie ein Krankenhaus übernommen haben, bundesweit Ver- sorgungszentren einrichten können. Und zwar so viele wie ihnen lieb ist. Damit drängen sie Freiberufl er und niedergelassene Ärzte immer mehr vom Markt. Sie führen nicht nur den medizinischen Betrieb, sondern leis- ten sich ebenso eine starke Marke- ting- und eine Rechtsabteilung. Sie lenken Patientenströme und schlie- ßen Direktverträge mit Krankenkas- sen: das kann ein Freiberufl er nicht. Der eigentliche Versorgungsgedanke – ja der Patient – er bleibt bei dieser Entwicklung auf der Strecke. Herr Dr. Höschel, Sie betreiben als niedergelassener Arzt ebenfalls ein medizinisches Versorgungszentrum. Was ist denn der Unterschied zwi- schen ihrem Zentrum und jenem, dass etwa eine Investment-Holding be- treibt? Versorgungszentren Medizinische waren in den vergangenen Jahren überwiegend Gemeinschaftspraxen in einer anderen Rechtsform. Sie waren vor Ort aufgestellt; das gilt auch für meine Praxis. Heute kann ein Inves- PVS Einblick 43