. . m o c e b o d a k c o t s - t e r o c e d s © : o t o F „Chefarztbehandlung“ und „Chefarztstandard“ Schließt der Patient mit dem Kran- kenhaus eine Wahlleistungsverein- barung über wahlärztliche Leistun- gen ab, spricht er üblicherweise von einer „Chefarztbehandlung“. Umgangssprach- lich hat sich der Begriff der „Chefarztbe- handlung“ etabliert, zumal auch die Versi- cherer in ihren Versicherungsbedingungen die wahlärztlichen Leistungen oft mit „Chefarztbehandlung“ erklären. Vor Augen haltend, dass der eine oder andere Versi- cherer bis vor wenigen Jahren behauptete, eine Vertretung sei bei einer Vereinbarung über eine wahlärztliche Behandlung gänz- lich unzulässig, verwundert es nicht, dass es gewisse Anlaufschwierigkeiten gibt, zu akzeptieren, dass ein Wahlarzt nicht „kraft Gesetzes“ der Chefarzt sein muss. An keiner Stelle des Gesetzes verwen- det der Gesetz- oder Verordnungsgeber den Begriff der Chefarztbehandlung. Das Krankenhausentgeltgesetz spricht durch- gehend vom „Wahlarzt“ und von „wahlärzt- licher Behandlung“. Auch die GOÄ ver- wendet den Begriff der wahlärztlichen Leistung. Dass der Wahlarzt üblicherwei- se der Chefarzt einer Abteilung ist, mag zutreffen, zwingend ist diese Einschrän- kung jedoch nicht. Trotzdem sind einzel- ne Versicherer stets bestrebt, ihre Leis- tungspflicht gegenüber ihren Patienten mit Argumenten einzuschränken, die im Gesetz keine Unterstützung finden. Das Argument, das Krankenhausentgelt- gesetz lasse keine Vertretung des Chef- arztes zu, hat der Bundesgerichtshof durch das Urteil vom 20.12.2007, Az: III ZR 144/07 mit guten Begründungen ver- worfen. Insbesondere führte der BGH aus, dass die Vertragsfreiheit auch in diesen Fällen greife und zwischen Krankenhaus bzw. ärztlichen Leistungserbringer und Patienten sehr wohl Vertretungsverein- barungen geschlossen werden dürfen, die allerdings auf Grund der Schutzbedürf- tigkeit der Patienten bestimmte Voraus- setzungen erfüllen müssen. Nachdem die Frage der Vertretung im Sinne des Kran- Konstantin Theodoridis Fachanwalt für Medizin- und Sozialrecht, Leiter der Rechtsabteilung Tel. 0208 4847-124 | ktheodoridis@ihre-pvs.de kenhauses und des Patienten geklärt war, geriet die Person des Wahlarztes selbst in den Fokus. Einige Versicherer nahmen den Standpunkt ein, dass nur Chefärzte Wahlärzte sein dürfen. Sie stützten die- se Auffassung auf das Argument, nur der Chefarzt könne den Chefarztstandard gewährleisten. Infolge dessen weiger- ten sich einzelne Versicherer, die Kosten wahlärztlicher Leistungen zu überneh- men, wenn der Behandler kein Chefarzt – insbesondere dann, wenn dieser kein an- gestellter Arzt des Krankenhauses – war. In einer Streitigkeit hatte der BGH wiede- rum Gelegenheit, grundsätzliche Ausfüh- rungen zum Status eines Honorararztes, also eines niedergelassenen Arztes, der im Krankenhaus operative Leistungen er- brachte, zu machen. Hintergrund war, dass ein niedergelassener Facharzt stationäre Operationsleistungen erbrachte und die- se gegenüber den Patienten liquidierte. Der BGH verneinte in seinem Urteil vom 16.10.2014, Az: III ZR 85/14, ein eigenes Liquidationsrecht des Honorararztes, da dieser in der Bestimmung des § 17 Abs. 3 Krankenhausentgeltgesetz nicht aufge- führt sei. Befriedigend war die Entschei- dung für die Versicherer dennoch nicht, nachdem realisiert wurde, dass der BGH zwar das Liquidationsrecht des Hono- rararztes verneinte, nicht jedoch zu der Frage Stellung nahm, ob der Honorararzt grundsätzlich stationäre wahlärztliche Leistungen erbringen darf. Wenn nämlich der Honorararzt wahlärztliche Leistungen erbringen darf, könnten diese vom Kran- kenhausträger liquidiert werden. Einen weiteren Dämpfer erhielten die Vertreter dieser restriktiven Meinung mit der Ent- scheidung des BGH vom 14.01.2016, Az: III ZR 107/15, wonach „... die Wahlleistung „Arzt“ zum Gegenstand hat, dass dem Pa- tienten die Behandlung durch bestimm- te leitende oder besonders qualifizierte Ärzte in jedem Fall zuteil wird, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dies in concre- to aus medizinischen Gründen notwendig oder zweckmäßig ist...“. Diese Entschei- dung ist für die Versicherer insofern miss- lich, als nicht nur die Behauptung zurück- gewiesen wurde, der Wahlarzt müsse der Chefarzt sein – auch die Behauptung, der Wahlarzt müsse den „Chefarztstandard“ gewährleisten, ist irrig. Das Motiv, weswe- gen ein Patient einen bestimmten Arzt als Wahlarzt wünscht, ist in diesem Zusam- menhang nicht zu hinterfragen. Es müs- sen keine medizinischen Gründe, wie zum Beispiel eine bestimmte Qualifikation u.ä., den Ausschlag geben. Der Wahlarzt schuldet auch keinen „Chefarztstandard“, weil es diesen gar nicht gibt. Sicherlich wird der Wunsch des Patienten nach einer optimalen medizinischen Versorgung der Grund einer wahlärztlichen Behandlungs- vereinbarung sein. Die Qualifikation ist aber kein Aspekt, der im Zusammenhang mit einer Wahlleistungsvereinbarung und ihrer Zulässigkeit geprüft wird. Anderen- falls könnte der Versicherer die Wahl des Patienten in Frage stellen und prüfen, ob es einen besser qualifizierten Arzt im Krankenhaus gibt, der die Leistung hätte erbringen können. Diese Auslegung hätte aber mit einer Wahl des Patienten nichts mehr zu tun. Der Aspekt des „Chefarztstandards“ ist zuletzt auch im Rahmen eines Arzthaf- tungsprozesses Gegenstand der Diskus- sion geworden. Richtig ist, dass eine Be- handlung „... nach dem zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein an- erkannten fachlichen Standard zu erfol- gen ...“ hat (so § 630a Abs. 2 BGB). Die- sen Facharztstandard schuldet der Arzt, will er sich nicht dem Vorwurf des Be- handlungsfehlers aussetzen. In einem vor dem Landgericht Köln geführten Streit warf die Patientin dem Arzt die Unter- schreitung des Chefarztstandards vor und legte Berufung gegen das Urteil ein, nachdem sie den Prozess verlor. Das OLG Köln bestätigte in seinem Beschluss vom 22.01.2018, Az: 5 U 101/17, das Urteil des LG Köln und verwies darauf, dass es einen sogenannten Chefarztstandard nicht gibt. Der Chefarzt schulde, so das OLG Köln, keinen über den Facharzt- standard hinausgehenden Standard. Ein Chefarztstandard, der in medizinischer Hinsicht über die Maßstäbe des für den Begriff des Behandlungsfehlers maß- geblichen Facharztstandard hinausgehen würde, existiere nicht. Interessengeleitete Positionen Fazit: sollten immer auch danach geprüft wer- den, ob sie gesetzlich verankert sind. Nicht jedes Argument, das vordergründig plausibel ist, hält einer rechtlichen Über- prüfung stand. ∑