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PVS Einblick

30 Notdienst könnte die Lösung in einem gemeinsamen extrabudgetären Ho- norartopf liegen. Sie haben einen Ko- operationsvorschlag zumindest für den Notdienst unterbreitet und einen gemeinsamen Topf vorgeschlagen, aus dem Fälle im Notdienst mit 120 Euro bezahlt werden sollten. Lässt sich die- se Idee umsetzen? Matthias Blum: Das stets schon fast rituell praktizierte „Gegeneinander“ der niedergelassenen Ärzte und der Krankenhäuser beim Thema ambu- lante Notfallversorgung bringt uns in der Sache nicht weiter. Die Be- handlungsfälle in der ambulanten Notfallversorgung haben in den ver- gangenen zehn Jahren dramatisch zugenommen. Diese Entwicklung stellt insbesondere die Krankenhäu- ser und auch die Rettungsdienste vor große Herausforderungen. In den Vertreterversammlungen der Kas- senärztlichen Vereinigungen wird – aus deren Sicht verständlich – der Einsatz der niedergelassenen Ärzte für die ambulante Notfall- behandlung neben dem nicht abzu- sprechenden Versorgungsgedanken natürlich auch ökonomisch betrach- tet. „Lohnt sich“ eine ambulante Not- fallbehandlung in einer Region nicht, weil sie schlichtweg nicht in das fi- nanzielle Konzept der KV passt, so wird billigend in Kauf genommen, dass die Krankenhäuser als 24 Stun- den anwesender „Ausfallbürge“ für die Patienten dann die Anlaufstelle sind. Das Gutachten der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Not- fall- und Akutmedizin e. V. (DGINA), das gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft bei der Ma- nagement Consult Kestermann Gm- bH (MCK) in Auftrag gegeben wurde, brachte das allen bekannte Ergebnis, dass jedenfalls ein Drittel der Patien- tinnen und Patienten, die in den Not- fallambulanzen der Krankenhäuser behandelt werden, dort schlichtweg nicht hingehören. Unabhängig davon, dass dem im Gutachten ermittelten durchschnittlichen Erlös von 32 Euro pro ambulantem Notfall im Kranken- hausFallkostenvonmehrals120 Euro gegenüberstehen, was zu einem Ge- samtdefizit der Krankenhäuser in Höhe von ca. 1 Milliarde Euro in der ambulanten Notfallversorgung führt, müssen wir doch gemeinsam zur Kenntnis nehmen, dass die Lösung für dieses Dilemma doch voraussichtlich nicht in einem Gegen- sondern in ei- nem Miteinander liegen dürfte. Wir stehen deshalb in einem regelmäßi- genKontaktmitdenKassenärztlichen Vereinigungen in NRW und sprechen über eine engere fachlich-inhaltliche Kooperation zwischen den Sektoren. Ein erster wichtiger Schritt könnte, und das war der von mir anlässlich ei- ner Veranstaltung zitierte Vorschlag, darin zu sehen sein, die Vergütung der ambulanten Notfallbehandlung für die niedergelassenen Ärzte und die Krankenhäuser aus der Vergü- tung der niedergelassenen Ärzte vollständig herauszulösen. Wenn am Ende ein gemeinsamer „extrabudge- tärer Honorartopf“ entstehen würde, könnten sowohl die Krankenhäuser als auch die niedergelassenen Ärztin- nen und Ärzte gemeinsam einen ein- vernehmlichen und guten Weg für die ambulante Notfallversorgung finden. In NRW sind bereits über 90 % der ambulanten Notfallpraxen an Kran- kenhäusern. In diese Richtung sollten weiter vernünftige Kooperationen angedacht werden. Der ungeregelte Zugang zum Ge- sundheitswesen ist ein Problem für den Krankenhausbereich. Die Patien- ten gehen, wohin sie wollen und wann sie wollen, sowohl im ambulanten als auch im stationären Sektor. Sind die Terminservicestellen Ihrer Meinung nach ein praktikables Instrument zur Lösung des Problems? Matthias Blum: Die bereits erwähn- te erhöhte Inanspruchnahme ambu- lanter und stationärer Behandlungs- angebote durch die Bürgerinnen und Bürger hat vielfältige Gründe. Neben zweifellos bestehenden demografi- schen Aspekten mit einer immer älte- ren und häufig mehrfach erkrankten Bevölkerung, wird zunehmend auch eine grundsätzliche Haltungsände- rung gegenüber gesundheitlichen Themen angeführt. Wer wünscht sich nicht ein möglichst langes Leben mit ungestörter Lebensfreude und Leis- tungsfähigkeit. Daneben führen die mittlerweile jederzeit und umfas- send verfügbaren medizinischen In- formationen aus dem Internet nicht selten zu einer Verunsicherung der Ratsuchenden. Deshalb kommt es zu Arzt-Patienten-Kontakten, die in einer strengen medizinischen Be- trachtung nicht zwingend notwendig sind. Dies betrifft jedoch fast aus- nahmslos ambulante Behandlungen in den Notfallambulanzen der Kran- kenhäuser und in den Arztpraxen. Eine systematische unnötige statio- näre Behandlung können wir mit ei- ner großen Sicherheit ausschließen, da der Gesetzgeber eine sorgfältige Prüfung der Aufnahmeindikation ver- langt und die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung jeden sta- tionären Behandlungsfall dahin ge- hend untersuchen. Wir benötigen al- so eine kombinierte Vorgehensweise. Zum einen muss die Bevölkerung bes- ser über die bestehenden ambulan- ten Notfallstrukturen und die Frage, wann eine Inanspruchnahme notwen- dig und angemessen ist, informiert werden, zum anderen muss die Ver- sorgungslandschaft mit Augenmaß weiterentwickelt werden. Die jüngste Gesetzgebung bietet hierfür vielver- sprechende Ansätze. Die Terminser- vicestellen sind nur ein Instrument, das dem Vernehmen nach jedoch we- niger häufig in Anspruch genommen wird, als die politisch Verantwortli- chen erwartet haben. ∑

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